Der Schlüssel zu echter Zirkularität heisst Design for Disassembly
Die Textil- und Modebranche braucht dringend einen Kurswechsel: Steigende regulatorische Anforderungen, knapper werdende Ressourcen und der Druck, CO₂-Emissionen drastisch zu reduzieren, machen deutlich: Die Zukunft der Branche ist zirkulär. Doch echte Kreislauffähigkeit entsteht nicht am Ende eines Produktlebens – sie beginnt am Anfang. Beim Design. Ein Ansatz, der die Branche wieder auf Kurs bringen könnte, ist Design for Disassembly (DfD).
Assembly, Disassembly, was? Der Begriff, der nicht nur in der Textilindustrie aktuell in aller Munde ist, beschreibt eine Art des Designs, die sicherstellt, dass Produkte so gestaltet werden, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus (EoL) einfach, effizient und zerstörungsfrei wieder zerlegt werden können. Materialien werden dabei sortenrein getrennt, damit sie wiederverwendet, mechanisch oder chemisch recycelt und in ihre Kreisläufe zurückgeführt werden können.
Dabei betrifft DfD weit mehr als die Materialauswahl. Entscheidend sind zudem Materialkombinationen, Verbindungstechniken wie Nähte, Klebstoffe oder Veredelungen sowie das Labeling, Tracing und damit verbundene Dokumentationen wie ein digitaler Produktpass. All diese Faktoren bestimmen darüber, ob ein Textil – oder auch jedes Produkt einer anderen Branche – am Lebensende Wertstoff bleibt oder zu Abfall wird.
Warum ist DfD für die Textilbranche so relevant?
Die Realität heute ist, dass mehr als 75 Prozent aller Textilien aus komplexen Materialmischungen bestehen oder so verarbeitet oder veredelt sind, dass eine wirtschaftliche Trennung schlicht nicht möglich ist. Das Ergebnis: Alle diese Textilien landen nach Gebrauch auf Deponien oder in der Verbrennung – selbst wenn die einzelnen Materialien theoretisch recyclebar wären. Denn oft ist die mangelnde Recyclingfähigkeit nicht den einzelnen Materialien zuzuschreiben, sondern der Art der Verbindung. Eine echte Transformation in eine zirkuläre Wirtschaft erfordert deshalb ein radikales Umdenken in drei Bereichen:
Sortenreinheit & Materialtransparenz: Materialien müssen so ausgewählt werden, dass sie technisch recyclebar sind. Digitale Produktpasse werden diesen Prozess künftig unterstützen.
Verbindungstechnologien: Die grösste Recycling-Hürde sind heute Nähte, Kleber, Beschichtungen oder Veredlungen. Wiederlösbare Verbindungen sind deshalb ein entscheidender Hebel.
Modularität und reparaturfreundliches Design: Produkte sollen so aufgebaut werden, dass einzelne Komponenten ausgetauscht, repariert oder aufgerüstet werden können – statt das gesamte Produkt wegzuwerfen.
Unverzichtbarer Grundstein für die Circular Economy
Als strategischer Hebel für echte Nachhaltigkeit schafft es DfD, dass Materialien am Ende ihres Lebenszyklus erhalten bleiben, statt an Wert zu verlieren. Zudem sinkt der Bedarf an neuen Rohstoffen und die CO₂-Bilanz reduziert sich über den gesamten Lebensweg eines Produktes spürbar. Reparierbarkeit verlängert die Nutzungsdauer, und die Möglichkeit der sortenreinen Rückführung minimiert Entsorgungs- und Recyclingkosten. So entsteht ein ökologischer Vorteil, der zugleich wirtschaftliches Potenzial freisetzt – für Hersteller, Marken und Verbraucher:innen gleichermassen.
Design for Disassembly ist kein Trend, sondern ein unverzichtbarer Grundstein für eine zirkuläre Textilindustrie. Nur Produkte, die sich wieder auseinandernehmen lassen, können Teil eines echten Materialkreislaufs werden. Denn Nachhaltigkeit beginnt nicht beim Recycling – sie beginnt beim Design. Es ist Zeit, Textilien zu entwickeln, die nicht nur langlebig und funktional sind, sondern auch so gestaltet sind, dass sie am Ende ihres Lebens wieder in neue Zyklen übergehen können.
Design for Disassembly by CLIMATEX: Proof-of-Concept in der realen Anwendung
Bei CLIMATEX ist DfD kein theoretischer Ansatz, keine Option, sondern gelebte Strategie. Wir entwickeln Technologien und Produkte, die am Ende ihre Lebenszyklus sortenrein zerlegbar und in ihre jeweiligen Kreisläufe rückführbar sind – ohne Kompromisse bei Funktionalität, Komfort oder Ästhetik zu machen.
Um die Anwendbarkeit unseres systemischen Ansatzes für die textile Kreislaufwirtschaft zu belegen, wurden Prototypen wie ein Rucksack und eine Jacke mit unseren Technologien gefertigt. In einem Trennungsprozess wurden diese wieder in ihre Ursprungskomponenten zerlegt, um alle Materialien sortenrein zu trennen und fürs Recycling vorzubereiten – ein Beweis für konsequentes Circular Design.
Vom verarbeiteten Produkt wieder zurück zum Ursprung: Der Rucksack wurde in einem Trennungsprozess wieder in seine Einzelteile zerlegt um diese in ihre jeweiligen Recycling-Kreisläufe zurzückzuführen.
Die mit STITCHLOCK vernähte Jacke aus DUALCYCLE-Stoff wurde in einem Disassembly-Prozess wieder in ihre Ursprungskomponenten zerlegt, um diese bereit fürs Recycling zu machen.